You don’t mess with the Zohan

Wenn Adam Sandler einen Film dreht, dann erwartet der Filmjournalist seichteste Unterhaltung für die Masse und einen langweiligen Kinobesuch mit wenigen Lachern auf unterem Niveau. Ein Garant für Kasse ist der Mann ja schon immer gewesen, doch waren seine bisherigen Auftritte oft ein gutes Stück jenseits der Grenze des guten Geschmacks. Was ein Monty Python nur andeutet, braucht ein Adam Sandler nicht zu zeigen.

Nundenn, mit entsprechend gemischten Gefühlen fand ich mich bei der heutigen Pressevorführung von Leg Dich nicht mit Zohan an ein und erwartete seichte Unterhaltung, die meinen Geschmack mehr oder weniger knapp verfehlen würde. Knapp zwei Stunden später war ich begeistert.

Kurz zum Inhalt: Zohan, ein israelischer Anti-Terror-Agent (interessanterweise in der englischen Originalfassung korrekt, aber deutlich als „Counter-Terrorist“ bezeichnet) ist es leid, für sein Land immer die Kohlen aus dem Feuer zu holen, da die festgenommenen Bösewichte (nämlich das „Phantom“) meist nur wenige Wochen später gegen entführte Israelis wieder ausgetauscht werden. Er inszeniert seinen Tod, fliegt nach New York und verfolgt seinen heimlichen Traum, der beste Friseur der Stadt zu werden.

In einem entsprechenden Stadtviertel stellt er fest, das Juden neben Arabern (Palästinensern) friedlich leben und arbeiten, findet seinen ersten Job bei Dalia, ausgerechnet einer Palästinenserin. Bald darauf holt Zohan seine Vergangenheit wieder ein, das Phantom ist wieder da, und seine Agenten-Fähigkeiten werden gebraucht.

Was nach einer klassischen Dramaturgie im Schenkelklopfer-Milieu anmutet, entwickelt sich schnell zu einer spritzigen, überdrehten Burleske mit immer härteren Seitenhieben gegen den Nahost-Konflikt und jede Menge gewissenlose Idioten in gehobenen politischen und wirtschaftlichen Positionen. Die Kernaussage, dass nämlich eigentlich nur die großen Politiker und Machtmenschen miteinander im Clinch liegen, und dass das einfache Volk beider (aller) Seiten sehr wohl völlig friedlich mit den Nachbarn auskommen würde, schleicht sich im Lauf der 112 Minuten eher unbemerkt ein. Der Film startet als klassicher amerikanischer anti-arabischer anti-palästinensicher anti-muslimischer fremdenfeindlicher Agentenfilm mit typischer Schwarz-Weiß-Trennung zwischen Gut und Böse und endet exakt in der Realität. Zwischendrin werden dermaßen viele Klischees aufs Korn genommen, dass wirklich kein Auge trockenbleibt. Die Bluetooth-Mac-Handy-Szene mit Mariah Carey allein lohnt Nerds den Kinobesuch.

Äußerst geschickt verballhornt Zohan unter anderem den Zensurwahn der amerikanischen Kinoindustrie und umschifft die Klippen der Altersfreigabe mit kreativem Jiddisch aller Art (man denkt an Borat). Da wird zum Beispiel niemals Bullshit gesagt, sondern stets Bullshlabach, und die Message ist klar, der Film dennoch für Jüngere genießbar – für uns Erwachsene durch dieses Schnippchen sowieso umso mehr. Die Frage, ob Zohan vielleicht schwul sei, wird auf englisch-jiddisch gekonnt mit „Are you a Fagele?“ gestellt – zum Brüllen! Die Drehbuchautoren schafften es, wirklich jede noch so dreckige Fantasie, jedes Schimpfwort und alle „banned“ Ausdrücke auf jiddisch (natürlich meist erfundene Wortschöpfungen) einzuflechten und in den Fällen, in denen die Bedeutung nicht eindeutig klar ist, der verdrehten Fantasie jedes Zuschauers einfach freien Lauf zu lassen. Das schlimmste Wort im Film dürfte „Bush“ sein, bezugnehmend auf die prominente Schambehaarung der Hauptfigur.

Eine Auswahl an unerwarteten, aber fähigen Schauspielern füllen den Film, neben John Turturro und Rob Schneider im regulären Cast findet sich auch Cameos von (angeblich) Robin Williams ganz am Anfang, Chris Rock, Kevin James, John McEnroe, Mariah Carey, George Takei, diesem Boxkampf-Ansager und sicher vielen mehr. Die meisten sind leicht erkennbar und manchmal wohl auch gar keine echten Cameos, Robin Williams jedoch habe ich übersehen.

Durch die Story werden eine ganze Menge Themen humoristisch angerissen, zum Beispiel Frisuren der 80er (hilarious!), doch zu meiner großen Freude wurden sämtliche Gag-Handlungsfäden wieder aufgenommen und zu einem Abschluß geführt, anstatt sie, wie so oft, im Sande verlaufen zu lassen.

Natürlich stoßen mir auch Dinge auf, persönliche Unzufriedenheiten gibt es ja in jedem Film, aber hier habe ich praktisch keine gefunden, außer: In Palästina wird sicher nicht aus Holz und Pappe gebaut wie in Amerika, das fällt einem bei einer Schlägerei durch eine Wand auf, und dass es – Spoiler – doch immer wieder auf den Bau einer Mall hinausläuft, ist einfach kacke und typisch amerikanisch, und leider, leider, leider wohl der Realität am nähsten. Übrigens: Das offenbare israelische Kultgetränk Fizzy Bubbelech will ich unbedingt auch mal probieren. Die erfundene Marke ist ja schon durch den Film etabliert, da kann man das Zeug ja auch gleich herstellen.

Alles in Allem rutscht Zohan gekonnt an der Grenze des guten Geschmacks entlang, allerdings stets auf unserer Seite, nie auf der anderen, nichteinmal bei sexuellen Themen, bei denen übrigens auch die Beschneidung nicht unerwähnt bleibt. Die Pointen sitzen, zumindest in der englischen Originalfassung (deutsche Synchro auf eigenes Risiko!), und der klassische Hänger im dritten und bisweilen vierten Akt bleibt völlig aus. Der Film bedient nicht nur das Schenkelklopfer-Publikum, sondern auch den leicht gehobenen Geschmack und verfügt über einige tiefere Anspielungen, die eine gut konzipierte Vielschichtigkeit (im kleinen Rahmen, wollen wir mal nicht übertreiben) erkennen lassen.

Am liebsten möchte ich mich hinreißen lassen, den Film „ein Lehrstück für Komödien“ zu nennen, doch dann fällt mir Some like it Hot ein und dass Billy Wilder möglicherweise im Grab rotieren könnte. Also einige ich mich (das geht!) auf „ein Lehrstück für Mainstream-Komödien, die ihr Geld mehrfach wieder einspielen müssen und dennoch ambitioniert genug sind, dem Zuschauer maximales Vergnügen bei hierbei noch maximal möglichem Tiefgang zu bieten“. Also: Viel Spaß im Kino!

4 Gedanken zu „You don’t mess with the Zohan“

  1. Der Trailer sah wirklich toll aus. Auf Englisch ist wohl ein Muss, wahrscheinlich wird er bei uns eh nur gekürzt laufen… 😉

  2. Hab den Trailer auch am Wochenende gesehen und war – als normalerweise absoluter Adam-Sandler-Hasser (zuletzt geschädigt durch Klick) – ausgesprochen positiv überrascht. Der könnte mir doch gefallen…

  3. Wer Sandler nicht mag, sollte dennoch auf jeden Fall mal „Punch Drunk Love“ mit Emily Watson sehen, ein wunderbarer Film, in dem sein melancholisch-clownesker Charakter ohne amerikanische Slapstick-Übertreibungen zum Vorschein kommt. Was ein Schauspieler bringt, steht und fällt mit der Regie.

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